Rückabwicklung von Lebens- u. Rentenversicherungen

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Der Bundesgerichtshof hatte bereits mit Urteil vom 07.05.2014 (Az.: IV ZR 76/11) entschieden, dass bei fondsgebundenen Renten- bzw. Lebensversicherungsverträge auch Jahre später nach Vertragsabschluss noch ein Widerspruch möglich ist. Die Entscheidung des BGH bezieht sich auf Lebens- und Rentenversicherungen, die zwischen dem 29.07. 1994 und dem 31.12. 2007 nach dem sogenannten Policenmodell abgeschlossen worden sind.  Beim sogenannten Policenmodell übergab der Versicherer dem Versicherungsnehmer den Versicherungsschein, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) oder eine Verbraucherinformation nicht bei der Antragstellung, sondern übersandte die Unterlagen erst später. Diese Verfahrensweise war zum damaligen Zeitpunkt der Regelfall.

In diesen Fällen besteht das Widerspruchsrecht besteht dann fort,  wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden ist und/oder die Versicherungsbedingungen oder eine Verbraucherinformation nicht erhalten hat. Der Widerspruch führt zu Rückabwicklung des Versicherungsvertrages.

In den beiden am 29.06.2015 vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen ( Az.: ZR 384/ und IV 448/14) hat sich das Gericht mit weiteren Einzelheiten der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung befasst.

Danach kann der Versicherungsnehmer nach einem wirksamen Widerspruch grundsätzlich die gezahlten Prämien zurückverlangen, allerdings muss er  sich den bis dahin genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen.

Das Berufungsgericht (OLG Köln, Urteile vom 17.10.2014, Az: 20 U 110/14 und  vom 05.09.2014, Az.: 20 U 77/14) hatte den Versicherungsschutz auf der Grundlage der Prämienkalkulation des beklagten Versicherers geschätzt und die auf die gezahlten Prämien entfallenden Risikoanteile in Abzug gebracht. Der Versicherungsschutz kann, je nach Lebensalter und Vertragsdauer daher, zwischen 0 und 15 % der gesamten Prämien betragen. Der Versicherungsnehmer muss also damit rechnen, dass er einen Abschlag in dieser Höhe in Kauf nehmen muss. 

Diese Berechnung wurde vom BGH vom Grundsatz her nicht beanstandet. Nach Auffassung des BGH muss sich der Versicherungsnehmer jedoch zusätzlich die Kapitalertragssteuer nebst Solidaritätszuschlag, die der Versicherer bei Auszahlung des Rückkaufswertes für den Versicherungsnehmer an das Finanzamt abgeführt hat, als Vermögensvorteil anrechnen lassen.

Weitere Positionen wie Abschluss- und Verwaltungskosten kann der Versicherer nicht in Abzug bringen, denn diese Kosten wären  unabhängig von den  Versicherungsverträgen angefallen und beglichen worden. Hinsichtlich der Abschlusskosten gebietet es der mit der richtlinienkonformen Auslegung des § 5a VVG a.F. bezweckte Schutz des Versicherungsnehmers, dass der Versicherer in Fällen des wirksamen Widerspruchs das Entreicherungsrisiko trägt. Auch die Ratenzahlungszuschläge führen zu keinem teilweisen Wegfall der Bereicherung des Versicherers.

Die Bereicherungsansprüche der Versicherungsnehmer umfassen auch die durch die Versicherungsgesellschaft gezogenen Nutzungen. Die Darlegungs- und Beweislast liegt hierfür nach der Auffassung des BGH beim Versicherungsnehmer. Der Versicherungsnehmer hat daher entsprechende Tatsachen vorzutragen, die nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf eine tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter Höhe, etwa in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, gestützt werden können.

[RAin Skadi Clauß, 21.08.2015]