COVID-19-Infektionssituation: FAQ Arbeitsrecht

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Im Zuge der Corona-Krise treten derzeit wiederholt arbeitsrechtliche Fragen auf, welche hier beantwortet werden sollen.


Darf ein Beschäftigter aufgrund der Corona-Krise von der Arbeit fern bleiben?

Dies ist grundsätzlich mit NEIN zu beantworten. Erscheint ein Arbeitnehmer ohne Rücksprache mit seinem Arbeitgeber nicht zur Arbeit, so stellt dies grundsätzlich eine Arbeitsverweigerung dar, die unter normalen Umständen zur fristlosen Kündigung führen kann. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer lediglich aus Angst vor der Infektion nicht zur Arbeit erscheint.

Hiervon zu unterscheiden ist jedoch der Sachverhalt, dass ein Beschäftigter ein betreuungspflichtiges Kind im Alter von unter 12 Jahren hat und der Arbeitgeber gleichwohl darauf besteht, dass der Mitarbeiter arbeitet. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, die Arbeitsleistung gemäß § 275 Abs. 3 BGB zu verweigern. Hierbei hat er jedoch unverzüglich dem Arbeitgeber mitzuteilen, dass er nicht zur Arbeit erscheinen kann.

Jedoch ist ausdrücklich darauf zu verweisen, dass der Arbeitnehmer jedoch die Arbeitgeberinteressen nicht gänzlich außer Acht lassen kann. Der Arbeitnehmer hat vielmehr alles in seiner Macht stehende zu unternehmen, um die Kinderbetreuung anderweitig abzudecken, z.B. durch eine Tagesmutter oder anderer Familienmitglieder oder Freunde. Sollte dies dann nicht möglich sein, so müsste geschaut werden, ob zumindest eine teilweise Arbeitserbringung für ihn möglich wäre. Erst wenn alle diese Möglichkeiten ausgeschöpft sind, besteht ein komplettes Leistungsverweigerungsrecht. Dies bedeudet jedoch nicht, dass der Arbeitgeber in diesem Fällen zur Lohnzahlung verpflichtet ist. Vielmehr gilt der Grundsatz: Wer nicht arbeitet, bekommt auch kein Geld.

Von diesem Grundsatz kann dann für einen gewissen Zeitrum abgewichen werden, wenn § 616 BGB zur Anwendung kommt. Dieser besagt, dass der Arbeitnehmer weiterhin Geld erhält, wenn er nur vorübergehend an der Erbringung der Arbeitsleistung verhindert ist. Streitig hierbei ist, was „vorübergehend" bedeutet mit der Folge, für welche Dauer der Arbeitnehmer Geld vom Arbeitgeber erhält. Hierbei variieren die Rechtsauffassungen zwischen drei Tagen und einer Woche. Es ist jedoch ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass in vielen Arbeitsverträgen selbst der § 616 BGB wirksam ausgeschlossen wurde mit der Folge, dass gar keine Lohnzahlung, auch nicht für einen geringen Zeitraum, erfolgt. Wir bitten Sie daher, sich im konkreten Fall Ihren Arbeitsvertrag anzusehen um zu ermitteln, ob ein entsprechender Anspruch besteht. 


Besteht im Falle der vorübergehenden Betriebsschließung ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung? 

Hierbei gilt der Grundsatz, dass der Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichtet bleibt, wenn der Arbeitnehmer arbeitsfähig und arbeitsbereit ist, aber aus Gründen nicht beschäftigt werden kann, die in der betrieblichen Spähre liegen (sogenannte Betriebsrisikolehre, § 615 Satz 3 BGB).  Dazu würden etwa Fälle zählen, in denen es aufgrund von Covid-19-Erkrankungen zur erheblichen Personalausfällen oder Versogungsengpässen käme, in deren Folge der Arbeitgeber die Betriebstätigkeit vorübergehend einstellen würde. Gleiches würde gelten, wenn eine behördliche Anordnung erfolgen würde.  In diesen gelagerten Fällen besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch.  


Entsteht ein Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitnehmer selbst unter Quarantäne gestellt wird?

Wird ein Arbeitnehmer unter Quarantäne gestellt, so erhält dieser weiterhin in der Regel von seinem Arbeitgeber das Arbeitsentgelt. Der Arbeitgeber selbst kann sich das Geld im Nachhinein von  der Landesdirektion Sachsen auf Antrag erstatten lassen. Dies ist in § 56 (IfSG) geregelt. Danach bemisst sich die Entschädigung für die ersten 6 Wochen einer Quarantäne nach dem Verdienstausfall, also dem Nettoarbeitsentgelt. Von Beginn der 7. Woche an richtet sich die Entschädigung nach der Höhe des Krankengeldes.

Sind Arbeitnehmer allerdings arbeitsunfähig vom Arzt bereits krankgeschrieben, so erhält der Arbeitnehmer weiterhin seine Bezüge wie bei einer normalen Erkrankung nach dem Entgeltfortzahlungsgesezt (EntgFG) vom Arbeitgeber für die Dauer von 6 Wochen gezahlt. Für den Arbeitgeber bedeutet dies, dass für die Zeit dieser Krankschreibung kein Anspruch auf Entschädigung nach dem IfSG besteht.

Nach dem IfSG erhalten auch Selbständige und Freiberufler den Verdienstausfall ersetzt, wobei Grundlage der Berechnung der Entschädigung der letzte vorliegende Einkommensteuerbescheid ist. Die Anträge hierfür sind innerhalb einer Frist von 3 Monaten nach der Tätigkeitsunterbrechnung oder dem Ende der Quarantäne bei der Landesdirektion Sachsen zu stellen. 


Wird die Differenz des regulären Einkommens bei Kurzarbeit ersetzt?

Durch die Anordnung der Kurzarbeit soll Arbeitslosigkeit vermieden werden. Während der Kurzarbeit selbst besteht das Arbeitsverhältnis der Beschäftigten weiterhin fort und wird durch die Zahlung von Kurzarbeitergeld stabilisiert. 

Die Höhe des Kurzarbeitergeldes richtet sich nach dem pauschalierten Nettoentgeltausfall im Anspruchszeitraum (Kalendermonat). Das ist der Unterschiedsbetrag (die Nettoentgeltdifferenz) zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Soll-Entgelt und dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Ist-Entgelt. 

Das Kurzarbeitergeld wird in zwei verschieden hohen Leistungssätzen: 

  • 67 Prozent (erhöhter Leistungssatz = Leistungssatz 1) für Arbeitnehmer/-innen, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, sowie für Arbeitnehmer/innen, deren Ehegatte/Ehegattin mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 4 und 5 des Einkommensteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben (das sind leibliche Kinder, angenommeneKinderundPflegekinder, auf die Zahl der Kinder kommt es nicht an) 
  • 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz = Leistungssatz  2) für die übrigen Arbeitnehmer/innen der Nettoentgeltdifferenz gewährt.

Eine vollstsändige Übernahme der Einkommensverlust der betroffenen Beschäftigten ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. 


Kann Kurzarbeit auch für Auszubildende angeordnet werden?

Nein, Kurzarbeit ist für Auszubildende in der Regel unzulässig. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Qualität der Ausbildung in seinem Betrieb zu gewährleisten und muss dafür alle Möglichkeiten nutzen; ggf. können Ausbildungsinhalte vorgezogen oder verschoben werden.

Kurzarbeit isf für Auszubildende nur dann eine Option, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, z.B. wenn die Ausbildung nicht mehr realisierbar ist, weil es an Arbeit fehlt. In diesem Fall haben Auszubildende gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 a Berufsbildungsgesetz (BBiG) Anspruch auf die volle Ausbildungsvergütung gegenüber dem Arbeitgeber für 6 Wochen. In Tarif- oder Arbeitsverträgen können längere Fristen vereinbart sein. 


Darf mein Arbeitgeber Urlaub anordnen?

Nach der ständigen Rechtsprechung trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko, mithin das Risiko, die Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen beschäftigen zu können. Kann  er die Arbeitnehmer gleichwohl nicht beschäftigen, so muss er sie dennoch bezahlen. Als Ausnahme hierfür gilt nur, wenn es für das Unternehmen existenzbedrohend wird. Es sollte dann als milderes Mittel in einer einverständlichen Regelung mit dem Arbeitnehmer eine Urlaubsgewährung erfolgen. Dies dürfte auch im Intersse der Arbeitnehmer sein, da anderenfalls die Gefahr der Betriebsschließung und mithin der Kündigung gegeben ist.


Können Arbeitsvertragsparteien auf die Arbeit am Wochenende ausweichen, etwa weil es dann mit der Kinderbetreuung einfacher wird?

Die Arbeit am Sonntag bedeutet eine Abweichung vom Arbeitszeitgesetz (ArbZG), die nur dann zulässig ist, wenn ein außergewöhnlicher Fall im Sinne des  § 14 Abs. 1 ArbZG vorliegt. Bisher ist allein die Frage der Kinderbetreuung nicht als solche Ausnahme im Sinne des ArbZG zu verstehen. Mithin bedarf es einer behördlichen Genehmigung. Dies entscheidet  dann von Fall zu Fall, ob  dem Arbeitgeber eine entsprechende Genehmigung erteilt wird.


Was passiert, wenn ein Beschäftigter bereits Urlaub geplant hat und er diesen auch antritt, obwohl er weiß, dass er nach Rückkehr in Quarantäne gehen muss. Besteht ein Lohnfortzahlungsanspruch? 

Über diese Problematik dürfte zukünftig trefflich zu streiten sein. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer eine Schutzpflicht sich selbst gegenüber hat. § 3 EntgFG spricht ausdrücklich davon, dass die Ursache der Arbeitsunfähigkeit „ohne Verschulden" des Arbeitnehmers eingetreten sein muss. Je nach Reiseland nimmt der Arbeitnehmer also ein mehr als gewöhnliches Risiko in Kauf, an dem Corona-Virus zu erkranken. Je nach Zielland dürfte dies höher als ein allgemeines Lebensrisiko sein. Wenn der Beschäftigte aber in Kauf nimmt, zu erkranken oder jedwede Warnungen über Risikogebiete in den Wind schlägt, wird es schwierig, dem Arbeitgeber die Lohnfortzahlung aufzubürden. Eine generelle Antwort auf diese  Frage kann mithin nicht erfolgen, da dies jeweils am Einzelfall zu entscheiden  ist.

 Es sollte jedoch vermieden werden, Risiken einzugehen, die die Arbeitsleistung nach Rückkehr aus dem Urlaub gefährden. 

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