Bundesgerichtshof entscheidet über Klauseln in Darlehensverträgen der Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG
Die Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG steht bereits seit vielen Jahren auf Grund der häufig verwendeten Zinsanpassungsklauseln sowie der als „Zinssicherungsgebühr“ oder „Zinscap-Prämie“ bezeichneten Entgelte in der Kritik. Darlehensnehmer der apoBank, die mit dieser für die Darlehensgewährung eine variable Verzinsung vereinbart haben oder hatten, sollten die Regelungen ihres Darlehensvertrages fachkundig überprüfen lassen. Gerade in den Fällen einer Kombination aus unwirksamer Zinssicherungsgebühr oder Zinscap-Prämie und Zinsanpassungsklausel sind je nach Höhe des gewährten Darlehens erhebliche Rückforderungsansprüche in Höhe von mehreren 10.000,00 Euro durchsetzbar.
Der Bundesgerichtshof hat nunmehr mit einem Urteil vom 05.06.2018, Aktenzeichen XI ZR 790/16, ein vorangegangenes Urteil des OLG Düsseldorf vom 01.12.2016, Aktenzeichen 6 U 56/16, bestätigt und damit eine Vielzahl streitiger Rechtsfragen höchstrichterlich zu Gunsten der Darlehensnehmer entschieden.
Die Entscheidung
In dem Rechtsstreit hatte ein Verbraucherschutzverein die apoBank dahingehend in Anspruch genommen, zukünftig in ihren Vertragsformularen für Darlehen mit einem variablen Zinssatz Klauseln über die Erhebung einer Zinscap-Prämie oder Zinssicherungsgebühr bei Vereinbarung einer variablen Verzinsung innerhalb eines Zinskorridors nicht mehr zu verwenden. Die Zinscap-Prämie oder Zinssicherungsgebühr entsprach einem prozentualen Anteil der Darlehensvaluta. Die Darlehensvaluta wurde variabel verzinst, wobei eine Zinsobergrenze (Cap), zumeist auch eine Zinsuntergrenze (Floor) vereinbart wurde. Diese Prämie war sofort fällig, wurde also von dem auszuzahlenden Darlehensbetrag sofort in Abzug gebracht.
Der Bundesgerichtshof hat nunmehr höchstricherlich entschieden, dass die Verwen- dung derartiger Klauseln unzulässig ist, weil diese Verbraucher unangemessen benachteiligen. Zunächst folgte der Bundesgerichtshof dem Oberlandesgericht Düsseldorf darin, dass es sich bei den vorformulierten Vertragsbestimmungen, die die apoBank einseitig stellte, um Allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß § 305 Abs. 1 S. 1 BGB handelt. Der Bundesgerichtshof erteilte auch der Argumentation der apoBank eine Absage, dass die Vertragsbedingungen nicht vorformuliert seien, weil die betreffenden Leerräume noch ergänzt würden. Dies erfolgt aber einseitig nach bestimmten Vorgaben der apoBank. Damit liegt auch keine Individualvereinbarung vor, weil der Darlehensnehmer gar keine Möglichkeit zum Aushandeln dahingehend hat, ob und in welcher Höhe er bereit ist, eine Zinscap-Prämie oder Zinssicherungsgebühr zu zahlen. Es besteht folglich keine reale Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung zu beeinflussen, da die apoBank dies gar nicht ernsthaft bei Vertragsabschluss zur Disposition stellt. Für eine gegenteilige Behauptung wäre die apoBank in einem Prozess darlegungs- und beweisbelastet.
Weiter hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Prämie oder Gebühr nach dem Verständnis des Darlehensnehmers ein zusätzliches, laufzeitunabhängiges Entgelt für die Gewährung einer Zinsobergrenze darstellt.
Dies hält allerdings einer Inhaltskontrolle nicht stand, weil die formularmäßige Vereinbarung eines zusätzlichen Entgeltes mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen, von denen abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist und die Kunden der apoBank entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt werden (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB).
Die Unangemessenheit ergibt sich insbesondere daraus, dass die Zinscap-Prämie bzw. Zinssicherungsgebühr laufzeitunabhängig ausgestaltet ist, also eine auch nur teilweise Erstattung im Fall der vorzeitigen Darlehensrückzahlung nicht vereinbart ist.
Wie betrifft das Ihr Darlehen?
Soweit nach Maßgabe der vom Bundesgerichtshof beanstandeten Klauseln die apoBank bei Vertragsabschluss von Ihnen ein Zinscap-Prämie oder Zinssicherungsgebühr verlangte, ist diese zuzüglich einer angemessenen Nutzungsentschädigung zu erstatten. Für den Fall, dass der Darlehensvertrag noch nicht beendet wurde, sind die geschuldeten Zahlungen des Darlehensnehmers ohne Berücksichtigung der Prämie oder Gebühr neu zu berechnen. Auf Grund des Zinseszinseffektes ergeben sich hier schnell erhebliche Reduzierungen der Restvaluta. Für den Fall, dass das Darlehen bereits vollständig zurückgeführt wurde, können Sie unter Beachtung der Verjährungsregelungen die Rückzahlung des Entgeltes verlangen. Nach unserer Auffassung sind die Ansprüche noch nicht verjährt, da die Rechtslage frühestens mit Erlass des Urteils des OLG Düsseldorf vom 01.12.2016 höchstrichterlich geklärt wurde. Selbst für den Fall, dass bei einem noch bestehenden Darlehensverhältnis Erstattungsansprüche verjährt wären, könnte mit diesen noch immer die Aufrechnung erklärt werden.
Weiterhin sind in einer Vielzahl von Verträgen die Zinsanpassungsklauseln der apoBank nicht wirksam. Bereits mit Urteil vom 21.04.2009, Aktenzeichen XI ZR 78/08, hat der Bundesgerichtshof im Rahmen der Überprüfung einer Zinsanpassungsklausel einer Sparkasse die Grundsätze für deren Wirksamkeit judiziert. So bedarf es insbesondere der transparenten Vereinbarung eines Referenzzinssatzes und einer äquivalenten Verpflichtung zur Herabsetzung des Darlehenszinses bei Reduzierung des Referenzzinssatzes als Ausgleich für das Erhöhungsrecht der Bank.
Diesen Voraussetzungen werden häufig Zinsanpassungsklauseln der apoBank nicht gerecht, weil diese oft nur das Recht enthalten, Erhöhungen ihrer eigenen Kosten an die Kunden weiterzugeben. Eine durchsetzbare Verpflichtung zur Reduzierung des Zinssatzes ist jedoch meist nicht enthalten. Weiter mangelt es an einem tragfähigen Referenzzinssatz, wenn beispielsweise auf die Refinanzierungskosten der Bank zurückgegriffen wird. Dies ist intransparent. Insoweit kann bereits auf eine umfangreiche Rechtsprechung des LG Düsseldorf und OLG Düsseldorf zurückgegriffen werden.
Im Falle einer unwirksamen Zinsanpassungsklausel sind ebenfalls die tatsächlichen Zahlungsverpflichtungen des Darlehensnehmers neu zu berechnen. Tatsächlich ist regelmäßig auf Grundlage eines transparenten Referenzzinssatzes (z.B. des Euribor) Zeitpunkt und Höhe der tatsächlichen Zinsänderungen zu bestimmen. Nach Hinzurechnung der vereinbarten Zinsmarge sind die im Vertragsverhältnis vorgenommenen Zinsänderungen gegenüberzustellen. Wenn sich, was häufig der Fall ist, Zinsüberzahlungen ergeben, muss die Bank diese nebst darauf gezogener Nutzungen an den Darlehensnehmer erstatten. Es kommt auch keine einseitige Erhöhung der Zinsmarge seitens der Bank in Betracht. Maßgeblich ist die vertraglich vereinbarte Zinsmarge bei Vertragsabschluss.
Soweit seitens der Bank im laufenden Vertragsverhältnis eine unwirksame Zinsanpassungsklausel durch eine wirksame ersetzt wurde, besteht dennoch die Verpflichtung, für den Zeitraum bis zur Ersetzung eine Neuberechnung vorzunehmen und auch auf Basis der wirksamen Klausel nach Maßgabe des Referenzzinssatzes den Vertragszins zu ermäßigen. Wie einem Bericht der Sendung MONITOR vom 09.01.2014 zu entnehmen ist, lagen zu diesem Zeitpunkt bereits zahlreiche Gutachten im Zusammenhang mit Darlehensverträgen der apoBank vor, in deren Summe sich Zinsüberzahlungen von Darlehensnehmern von insgesamt rd. 5,5 Millionen Euro ergaben.
Was ist zu tun?
Die exakte Berechnung sollte einem Kreditsachverständigen mit entsprechender Expertise übertragen werden. Wir empfehlen hier die SAM Sachsen Asset Management GmbH Leipzig. „Uns sind eine ganze Reihe von Apo-Darlehen bekannt, die auf den ersten Blick einfach aussehen. Rechnet man dann genauer nach, erkennt man die hohe finanzmathematische Komplexität dieser Verträge.“, so Jan Hartlieb, Geschäftsführer der SAM GmbH.
Zu beachten ist grundsätzlich die Verjährungshöchstfrist von 10 Jahren. D. h., dass Zinsüberzahlungen, die länger als 10 Jahre zurückliegen, verjährt sind und mithin taggenau mit dem Tag der Zahlung Erstattungsansprüche in der jeweiligen Höhe verjähren können. Bei noch laufenden Kreditengagements kommt selbstverständlich trotz Verjährungseintritt eine Aufrechnung in Betracht, eine hinreichende Restschuld vorausgesetzt.
Soweit Sie eine Überprüfung Ihres Darlehensvertrages auf eine unwirksame Zinsanpassungsklausel oder eine unwirksame Zinscap-Prämie oder Zinssicherungsgebühr wünschen, steht Ihnen unsere Kanzlei, die sich seit Jahren mit der berichteten Thematik befasst, gern zur Verfügung.
Für eine unverbindliche Ersteinschätzung stehen Ihnen in unserer Kanzlei die Rechtsanwälte und Fachanwälte für Bank-und Kapitalmarkrecht gern zur Verfügung.